Das Gemeindezentrum Geroldswil gilt als schützenswerter Zeitzeuge der Spätmoderne bzw. des Brutalismus in der Schweiz. In seiner Nutzung und Architektur sollte es sich von den umgebenden Wohnbauten absetzen, um den Charakter und die Identität eines „neues Dorfzentrums“ zu prägen.
Folgende Eigenschaften erachten wir für diese Zentrumsidentität als relevant:
- Geviert: Das Zentrum ist als klar gefasstes Geviert ablesbar. Es lebt durch den Kontrast zwischen Innen und Aussen.
- Konglomerat: Das Zentrum wurde nicht als Grossform konzipiert, sondern ist ein Konglomerat ganz unterschiedlicher Nutzungen und einzelner Häuser, an deren Planung verschiedene Architekten beteiligt waren. Das einzelne Haus, das auf einem gemeinsamen Ganzen fusst, dient als Metapher für die räumliche und soziale Mitte von Geroldswil.
- Aussenraum: Mit dem Aussenraumvokabular von Plätzen, Gassen und Höfen wurde eine Gegenwelt zur umgebenden Bebauung geschaffen. Die schmalen Durchwegungen suchen den Massstab des Fussgängers und knüpfen an die Dichte historischer Dorfzentren oder Altstadtquartiere an. Dieses Aussenraumverständnis ist typisch für die Entstehungszeit des Gemeindezentrums und prägend für dessen Identität.
- Gerichtete Volumenkomposition: Entscheidend für den Zusammenhalt des Zentrumsgevierts ist dessen formale Homogenität, die durch das durchgehende Raster und die Schottenstruktur der einzelnen Häuser mit bemerkenswerten Schnitt- und Ansichtsfiguren geprägt wird.
- Formale Homogenität: Das Zentrum wird, trotz plastischer Opulenz und diverser An- und Umbauten, noch immer als homogene Einheit wahrgenommen. Grund dafür ist die formale Reduktion auf zwei architektonische Elemente: Curtain-Wall-Fassadenflächen und rohe Sichtbetonschotten.
Der Organismus des heutigen Baukörpers muss sich den wandelnden Bedürfnissen anpassen. Für die Weiterentwicklung schlagen wird daher keine Rekonstruktion des Originalzustandes, sondern ein Weiterbauen nach Regeln vor, welche im Gestaltungsplanverfahren festgehalten wurden. Insgesamt wird eine flächige Verdichtung des Bestandes angestrebt.
Credits
Auftrag: Studienauftrag 2019, 1. Preis
Ausführung: 2019–2025
Bausumme: CHF 40 Mio.
Programm: Sanierung und Erweiterung mit Wohnungen, altersgerechten Wohnungen, Zentrum Reformierte Kirche, Bibliothek, Gemeindesaal und Restaurant
Bauherrschaft: Politische Gemeinde Geroldswil
Mitarbeit Wettbewerb: Peter Baumberger, Karin Stegmeier, Arno Bruderer, Laurenz Härtl, Aurelia Huber, Patricia Quinte
Mitarbeit Ausführung:
Peter Baumberger, Karin Stegmeier, Gesamtprojektleitung: Mirko Schlemminger, Projektleitung: Yasmeen Alzeer, Adrian Gross, Michelle Rojas, Roman Schober, Architektur: Rino Giovanioli, Thomas Luchsinger, Viola Müller, Lehrling: Liam Gantenbein
Landschaftsarchitektur: Berchtold.Lenzin Landschaftsarchitekten, Zürich
Bauingenieur, HLS-Planung, Fassadenplanung: EBP Schweiz AG, Zürich
Elektroplanung: Wyder Elektroplanung GmbH, Zürich
Bauphysik: Wichser Akustik & Bauphysik AG, Zürich
Fotos: Roland Bernath, Zürich